Dear…,
 
 
Es ist Oktober, und ich bin verliebt in ein Gedicht.
 
 
Wo gehen sie hin, die Erinnerungen?
 
Seit Kurzem nutze ich für den Großteil des Tages ein Handy was nur das Nötigste kann, keine Apps, kein Internet, keine Mails. Mein altes Handy dient der Arbeit und dem Austausch via Sprachnachrichten, beides bewusst. Die Wirkung ist schwer in Worte zu fassen.
 
Es ist fast so, als hätte ich mich häufig durch die Welt von meinem Handy unterbrochen gefühlt - und das bei einer schon relativ geringen Screen Time. Ich habe immer gedacht, es sei umgekehrt.
 
Gestern habe ich dann angefangen, meine Kontaktliste im Handy aufzuräumen. Ich erinnere mich lose an einzelne Affären und kurze und längere Begegnungen, bin ganz woanders, und wer-anders und doch ich, und auch immer noch hier. Ich bin seltsam wehmütig und berührt. Ich lösche die Namen, zu denen mir kein Gesicht mehr einfällt, es sind überraschend viele.
 
Ich fühle eine zärtliche Wehmut, und auch ein bisschen Stolz, auf das was ich so erlebt habe. Irgendwann werde ich die nächsten Namen vergessen, und Orte, und Geschichten und ich frage mich, wo gehen sie hin, die Erinnerungen, wenn sie nicht mehr da sind? 
 
 
Fast Herbst.
 
Ich fühle mich irgendwo dazwischen, nicht mehr Sommer, noch nicht Herbst, ich schreibe wenig, mir fehlt der Fokus. Vielleicht hängt Letzteres zusammen. Mein Vater sagt, es gebe nichts Schönes am Altern, ich hoffe ich denke später anders, ich glaube ich denke später anders.
 
Mein Kind und ich erfinden Geschichten aus Wolkenfiguren im Himmel, während die berentete Nachbarin ihre Wäsche in den Vordergarten hängt - sie hat dafür extra die Leine an den Kirschbaum gespannt, um die tiefer stehende Sonne auszunutzen, die wahrscheinlich nicht mehr in ihren Garten kommt. 
 
Wenn es windig ist, ist es schon ziemlich kühl, und ein paar Tage später wird es diesig-nass. Ein guter Tag, um Bücher zu lesen erkläre ich. Wir lesen die Geschichten von der kleinen Hexe und von Petterson und Findus, ein Bilderbuch über die Tiefsee und ich werde gefragt, was der Sägefisch sägt und warum fliegende Fische fliegen (ich habe noch keine Antwort).
 
 
Worte finden.
 
Ich habe festgestellt, dass mir das Konzipieren von Workshops große Freude macht. Daraus ist ein ganz eigenes Projekt geworden, mit einem eigenen digitalen Zuhause an dem ich im Hintergrund werkele, darüber berichte ich (hoffentlich) im November. 
 
In diesem Zug habe ich auch meine Websitetexte noch mal überarbeitet, eine von vielen Schleifen des Wortefindens - der Text über mein Coaching an dem ich lange geknabbert habe (auch wenn sich meine Arbeit gar nicht so sehr ändert), fühlt sich (endlich) freier und stimmig an.
 
 
Und ja, ich bin verliebt in dieses Gedicht.
 
I Am a Little Bit in Love
with the woman at the grocery store,
her wide brim sinching sun hat
and phone folio case; with the man
at gymnastics pulling his son´s hair
into a ponytail; with the waitress who keeps
calling me babe; with the repairman
who took his shoes off without asking;
with the cat-calling guy on the bicycle
who nicknames me summer; with the older
lady in the airport who asked if I was off
to college; with the girl at the market
who kissed her babydoll´s fingers.
And I wonder how many times I´ve been
the stranger someone loved like a blink,
like a glint, like the zap of a current
that runs everywhere at once.
 
 
(Wofür hast du zuletzt Worte gefunden oder vielleicht noch nicht? In was oder wen bist du gerade verliebt?)
 
Bis nächstes Mal, Johanna
 
 
PS: Gerne würde ich mein Coaching draußen, bei einem "gemeinsamen" telefonischen Spaziergang noch weiter ausbauen. Das Konzentrieren auf die Stimme als einzigen Input hat etwas Besonderes.
 
Ich suche zum passende Waldwege finden 2-3 Menschen, die ein telefonisches Spazier-Coaching spontan anspricht (ohne Kosten). Ich arbeite meist mit Menschen in akuten Belastungssituationen, die dabei nicht psychisch oder psychosomatisch erkrankt sind. Bei Interesse reicht eine kurze Mail, dann besprechen wir alles Weitere. Wenn du jemanden kennst für den das etwas wäre, leite dies gerne weiter!

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